Oder auch: Der Concours de Lyon und was er für Biertrinker und Brauereien bedeutet.
Der Concours de Lyon, einer der renommiertesten Wettbewerbe Frankreichs, zeichnet seit Jahren nicht nur Weine und Spirituosen, sondern auch Biere aus. Jährlich werden Tausende Proben aus aller Welt eingesendet und von Experten verkostet – mit Gold-, Silber- und Bronzemedaillen, die anschließend auf die Etiketten gedruckt werden können. Ende März machte sich die deutsche Biersommelier Community in den Süden Frankreichs auf, um ganz uneigennützig 30 Biere pro Tag zu verkosten. ;)
Was steckt hinter diesem Wettbewerb – und was hat man als Konsument oder Brauerei eigentlich davon?Für den Bierliebhaber ist eine Medaille zunächst ein Wegweiser im Regal. Eine Auszeichnung beim Concours de Lyon kann dabei helfen, aus der Vielzahl an Bieren eine fundierte Wahl zu treffen. Besonders bei unbekannten oder ausländischen Marken signalisiert die Medaille: "Hier wurde Qualität festgestellt." Natürlich ersetzt das kein persönliches Geschmackserlebnis, aber es senkt die Einstiegshürde, gerade bei Craft- oder Spezialbieren.
Und was hat die Brauerei davon?
Für Brauereien ist der Nutzen vielfältig: Ein Medaillen-Gewinn steigert das Renommee, öffnet Türen zu Exportmärkten und verbessert die Vermarktung. Besonders kleine und mittelständische Brauereien können durch den Preis an Sichtbarkeit gewinnen. Auch für Gespräche mit Vertriebspartnern oder Händlern ist ein „prämiertes Bier“ ein echtes Argument. Außerdem bekommt der Brauer detailliertes Feedback vom Experten. Denn zu jeder Bewertung werden schriftliche Kommentare abgeben und der Brauer kann sich ein besseres Bild von der Qualität seines Bieres und möglichen Fehlern machen.
Nach welchen Kriterien wird bewertet?
Die Bewertung erfolgt nach einem standardisierten Verfahren: Aussehen, Geruch, Geschmack, Harmonie und typischer Stilcharakter des Bieres sind zentrale Kriterien. Jedes Bier wird von einer Jury anonym verkostet. Die Bewertung erfolgt also blind, ohne Kenntnis der Marke, was die Objektivität erhöhen soll.
Wie objektiv ist die Jury?
So objektiv wie möglich – aber nie vollkommen. Zwar besteht die Jury aus professionellen Verkostern, Brauern, Sommeliers und Sensorik-Experten, doch Geschmack bleibt ein subjektives Erlebnis. Auch wenn die Verkostung anonym erfolgt, können persönliche Vorlieben oder sensorische Tagesformen ein Ergebnis beeinflussen. Der Modus minimiert diesen Effekt, ganz ausschalten lässt er sich nicht.
Spielt Nachhaltigkeit eine Rolle?
Ein überraschendes Defizit: Kriterien wie Bio-Zertifizierung, Regionalität oder CO₂-Bilanz spielen beim Concours de Lyon bislang keine Rolle aber nach meinem Wissen auch bei keinem anderen Wettbewerb. Die Wettbewerbe fokussieren sich ausschließlich auf sensorische Qualität – Geschmack, Aussehen, Stiltreue. Dabei wächst das öffentliche Interesse an Nachhaltigkeit, ökologischer Landwirtschaft und kurzen Lieferketten. Während Supermärkte mit Bio-Bieren werben, sind diese Aspekte im Wettbewerb ausgeklammert. Der Grund? Vermutlich ist die Bewertung sensorischer Eigenschaften einfacher zu standardisieren – Nachhaltigkeit ist komplexer, weniger direkt überprüfbar und oft marketinggeladen. Doch das Interesse steigt, und es wäre an der Zeit, diese Lücke zu schließen. Erste Ansätze zeigten Wettbewerbe als sie russische Brauereien als Folge des Angriffskriegs auf die Ukraine ausschlossen. Denn auch solche Kriterien fließen in eine Nachhaltigkeisbewertung ein. Dass der European Beer Star noch im Vorjahr ein Bier aus Myanmar auszeichnete, dass von einer Brauerei der Militärdiktatur eingereicht wurde, vergessen wir an dieser Stelle einmal ;). Wie seht ihr das? Sind solche Kriterien, die wir mehr und mehr auch bei Nahrung oder Kleidung anwenden auch für Bier relevant?
Wie läuft die Verkostung ab?
Die Biere werden in sogenannten Panels von vier bis fünf Verkostern probiert, ohne Etikett, lediglich mit Kategorie und Stilhinweisen. Jede Probe wird individuell beurteilt, Punkte vergeben – aus dem Durchschnitt ergibt sich die Medaillenvergabe. Nur die besten Biere einer Kategorie erhalten eine Auszeichnung (ab 75/100 Silber, ab 85/100 Gold) . Die Jury wird jährlich neu zusammengestellt und umfasst sowohl professionelle als auch geschulte Amateurverkoster.
Ein Wochenende mit so vielen ersten Malen: Zum ersten Mal TGV gefahren, zum ersten Mal 45 verschiedene Biere an einem Tag probiert, zum ersten Mal 10 Austern hintereinander gegessen (und es super gefunden). Es war unglaublich anstrengend und unglaublich inspirierend und lustig. Am Wettbewerb können auch Verkoster ohne Ausbildung teilnehmen wenn entsprechender Bierverstand vorhanden ist. Vielleicht sehen wir uns ja im nächsten Jahr in Lyon.
Au revoir, à bientôt Lyon!